Warum vegan sein so lustig ist

Foto: @SunnyLetec
Foto: @SunnyLetec

Mir Senne hei’s luschtig, mir Senne hei’s guet
Hei Chäs u hei Anke, das git üs guets Bluet.

Hudria holeleia, hudria holeleia
Hudria holeleia, hudria holiho.

So geht ein bekanntes Schweizer Volkslied.  Für alle, die kein Schweizerdeutsch verstehen, hier die Übersetzung: “Wir Sennen haben es lustig, wir Sennen haben es gut, wir haben Käse und Butter, das gibt uns gutes Blut.” Der Rest ist Jodel, d.h. pure Lautmalerei.

Die zweite Strophe dieses Liedes geht *nicht* so:

Am Morge bim Mälche, am Tag uf der Weid
Da büffle mir Logik, es isch halt e Freud.

Die Pflege der Logik gehört nicht zum nationalen Brauchtum. Sonst würde die dritte Strophe vielleicht so lauten:

Wenn Anke guets Bluet git und dito für Chäs
De wird bi de Vegane ds Bluet trotzdäm nid räs.

Intuitiv folgt ja aus “Käse und Butter geben gutes Blut” unmittelbar “Vegan = böses Blut”. Der Knecht, der beim Melken und Heuen nebenbei Logik büffelt, merkt zwar, dass diese Folgerung nicht gültig ist, aber erklär das mal dem Chef, der im Stall und auf der Weide immerzu nur jauchzt und johlt und vor lauter Lebensfreude keinen geraden Gedanken denken kann!

Worauf ich hinauswill: Es gibt jetzt eine neue Version dieses Jodels, und die geht so:

Hudria, hane Schatz gha, hudria, hane gärn gha
Hudria, hane nümme, hudria, s isch mir gliich.

Hör selber, in dieser Liveaufnahme des Lieds auf YouToube.

Das ist nicht mehr pure Lautmalerei. Da wird folgendes gesagt: “Ich hatte einen Schatz. Ich hatte ihn gerne. Ich habe ihn nicht mehr. Es ist mir gleich.” – Und das Publikum schmunzelt verständnisvoll.

Geliebtes loslassen, Veränderung akzeptieren. Ist jetzt Teil des nationalen Brauchtums.

Und die dritte Strophe (hör’s noch einmal!) singen diese jungen Menschen so:

Mi Mueter chochet Röschti u schpöit e chli dra
So wird si schön saftig u hocket nid a.

Damit die Rösti nicht am Pfannenboden kleben bleibt, nahm man früher Butter. Im Jahr 2009, als diese Aufnahme entstand, experimentiere man offenbar schon mit veganen Alternativen.  Mittlerweile ist man vom Speichel abgekommen und benützt Raps- oder Sonnenblumenöl.

Manche Veganen hatten Butter gerne. Jetzt haben sie sie nicht mehr.

Hudria, s isch ‘ne gliich.

Viele Leute sagen mir – letzthin z.B. der Vater von Ilona –, dass sie Käse über alles lieben und nicht ohne Käse leben könnten.  D.h. sie sagen über Käse Dinge, die andere über ihren Schatz sagen würden.

Hudria, hane Schatz gha, hudria, hane gärn gha
Hudria hane nümme, hudria s isch mer gliich.

Traditionelle Volkslieder sind neuerdings progressiv. Und darum ist es so lustig, vegan zu sein. Logik ist für die Füchse, und im Kanton Genf ist die Jagd schon verboten.

Hudria holiho

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P.S. Hast du dir die letzte Strophe reingezogen?

Unes Spinnrad une Bettstatt une tschäggeti Chue
Das git mir mi Ätti, weni hürate tue.

Weil wer heute noch eine Kuh sein Eigentum nennt, muss spinnen.

Subversiver Shit!

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